[ano hito] Megumi Yokota, Entführungsopfer

ano hito (dt. jene Person) ist eine kleine Reihe, in der ich eine(n) Japaner(in), dessen/deren Biografie/Werke/etc. ich interessant finde, ein wenig näher vorstellen möchte. Auch Nichtjapaner, die einen besonderen Bezug zu Japan haben, werden ebenfalls vorgestellt. ^_____^

     Megumi Yokota (*1964) 

    Megumi Yokota war erst 13 Jahre alt, als sie auf einem Schiff nach Nordkorea verschleppt wurde. Bis heute konnte nie ganz geklärt werden, was aus ihr geworden ist.

    Megumi Yokota wurde am 5. Oktober 1964 als das erste Kind von Shigeru und Sakie Yokota geboren. Gemeinsam mit ihren jüngeren Brüdern Takuya und Tetsuya wuchs sie in Niigata – eine Küstenstadt am Japanischen Meer – auf. 1977 kam sie in die Mittelschule, wo sie fortan in der Badminton-AG aktiv war.

    Am 15. November 1977 verschwand sie spurlos auf dem Nachhauseweg von der Schule. Erst zwanzig Jahre später – im Jahr 1997 – erfuhr ihre Familie, dass sie von nordkoreanischen Agenten entführt worden ist und sich seitdem in Nordkorea aufgehalten hat.

    Seit dem Ende des Koreakriegs im Jahr 1953 sind über 3800 Menschen aus Südkorea nach Nordkorea verschleppt worden, die Mehrheit davon in den späten 60ern und frühen 70ern. Auch fünf Oberschüler wurden entführt, damit sie den Agenten beibringen mussten, sich wie richtige junge Südkoreaner zu verhalten.

    Offiziell sind 17 japanische Staatsbürger von Nordkorea entführt worden, allerdings behauptet Nordkorea nur 13 entführt zu haben, von denen in der Zwischenzeit acht gestorben seien. Die Dunkelziffer der entführten Japaner dürfte jedoch höher sein. Sie wurden entführt, um nordkoreanischen Agenten Japanisch zu beibringen sowie deren Identitäten zu stehlen.

    Megumi Yokota ist mit 13 Jahren das jüngste Entführungsopfer. Es ist möglich, dass sie eine zufällige Zeugin nordkoreanischer Aktivitäten auf japanischem Boden war, welche rasch „beseitigt“ werden musste. Wie die anderen japanischen Entführten musste sie in Nordkorea Koreanisch lernen und den dortigen Agenten Japanisch beibringen. Sie bekam auch einen koreanischen Namen.

    Im Jahr 1986 heiratete sie Kim Young-nam, welcher zu den entführten südkoreanischen Oberschülern gehörte. Ein Jahr später bekam sie mit ihm eine Tochter namens Kim Eun-gyong. Nordkoreanischen Quellen zufolge soll sie im Jahr 1994 Selbstmord begangen haben. Zunächst wurde behauptet, ihr Grab sei bei einem Hochwasser verloren gegangen.

    Links: vermutlich kurz nach der Entführung || Rechts: mit Ehemann und Tochter (ca. 1988/1989)

    Dennoch konnten 2004 ihre sterblichen Überreste nach Japan gebracht werden, wo sie einem DNA-Test unterzogen wurden, der allerdings negativ ausfiel. Auch die Todesurkunde sei gefälscht worden.

    Kim Young-nam heiratete wieder und bei einem Treffen mit seiner Familie in Nordkorea sagte er aus, dass Megumi 1994 tatsächlich Selbstmord begangen hat und auch zuvor mehrere Selbstmordversuche unternommen hatte. Diese Behauptungen entsprechen jedoch der nordkoreanischen Haltung zu diesem Fall und werden daher nicht als Fakt angesehen.

    Eine Quelle aus dem Umfeld der Familien entführter Südkoreaner sagte aus, dass ihr von nordkoreanischer Seite zugetragen wurde, dass Megumi am 14. Dezember 2004 an den Folgen ihrer Depression gestorben sei.

    2014 konnten Megumis Eltern ihre Enkelin Kim Eun-gyong und deren kleine Tochter in der Mongolei treffen. Ein DNA-Test bei ihr hatte sich als positiv herausgestellt. Kim Eun-gyong sagte, ihre Mutter sei tatsächlich gestorben und sie könnte sich nicht mal an sie erinnern. Auch ihre Worte werden ebenfalls angezweifelt. Bis heute glauben die Familie Yokota und viele in Japan daran, dass sie noch am Leben ist, wie man dem offenen Brief der Eltern an Megumi (englisch) in diesem Jahr entnehmen kann.

    ***

    Es gibt einen 25-minütigen Anime, der von der japanischen Regierung in Auftrag gegeben wurde und Megumi Yokotas Geschichte erzählen soll. Er basiert auf den gleichnamigen Manga, der von Megumis Eltern mit Hilfe des Mangakas Souichi Moto konzipiert wurde.

    MEGUMI (Japanese Government Internet TV) – mit deutschen Untertiteln

    2006 kam eine amerikanische Dokumentation „Abduction: The Megumi Yokota Story“ in den Kinos, welche die ganze Geschichte aus der Sicht ihrer Eltern erzählt. Sie gewann mehrere Preise. Leider finde ich ihn nicht im Internet…

    Aber es gibt auch noch eine andere sehr interessante Dokumentation über die japanischen Entführten. Nicht nur Megumi Yokota wird da vorgestellt, sondern auch drei andere Entführten: Keiko Arimoto, eine Studentin, die in London als Au-pair gearbeitet hat sowie die beiden Studenten Yasushi Chimura und Fukie Hashimoto, die mit ihren in Nordkorea geborenen Kindern nach 24 Jahren nach Japan zurückkehren konnten.

    North Korea – Kidnapped (2005)

    Und kürzlich hat das deutsche Fernsehen auch über den Fall berichtet.

    heute.de – Vermisst seit 40 Jahren – vom 15. August 2017

    Ich finde es immer schlimm, wenn Menschen spurlos verschwinden, aber der Gedanke, dass Menschen entführt werden, um schnell eine neue Sprache zu lernen, Spione zu trainieren und dabei womöglich einer Gehirnwäsche, dem Obersten Führer allzeit zu huldigen, unterzogen zu werden, um fortan in einem fremden Land zu leben… klingt irgendwie unglaublich und dennoch ist es so geschehen. Wie kann eine 13jährige damit umgehen…?

    Ich würde es mir sehr für Megumis Familie wünschen, dass sie nicht länger im Unklaren gelassen werden – trotz der angespannten Beziehungen zwischen Nordkorea, Japan und den USA derzeit…

    Habt ihr schon von diesem Fall gehört? Wie denkt ihr darüber?

    || Meine [ano hito] Reihe: Machiko Hasegawa | Misuzu Kaneko | Midori Naka ||