Ängste aus meiner Kindheit

Ich bin ja ein Fan von Horrorgeschichten – schon als Kind hat es mich immer zu den kindgerechten „Gruselbüchern“ hingezogen – Hauptsache spannend. Und wenn ich Geschichten schreibe, möchte ich auch lieber was Gruseliges schreiben – es gibt so viele Inspirationsquellen in den Weiten des Internets. Furchtloser Mensch möchte man meinen, aber als Kind hatte ich schon mit meinen eigenen Monstern zu kämpfen, die ich euch hier gerne einmal erzählen möchte. ^____^
1. Riesenkraken
Mit etwa fünf Jahren habe ich ja versehentlich mal einen Horrorfilm gesehen: „Angriff aus der Tiefe“. Nie werde ich die Anfangsszene vergessen, wo eine Mutter mit ihrem Baby im Kinderwagen an der Küste ist, die Mutter ganz schnell über die Straße läuft, um zu telefonieren und als dann ein Bus an der Telefonzelle vorbeifährt, ist der Kinderwagen weg, im Meer gelandet. Das hat mich für Jahre traumatisiert. Wenn ich Tierlexika gelesen habe, war ich bei K wie Krake oder bei T wie Tintenfisch (und eigentlich auch bei S wie Spinne) immer sehr vorsichtig, nur ganz vorsichtig umblättern, gucken, ob diese Tiere bebildert worden sind. Ich weiß noch, wie ich mich sehr zusammengerissen habe, als ich in der Grundschule mit einer Klassenkameradin ein Schülerlexikon gemeinsam gelesen habe und dann plötzlich eine Doppelseite über den Tiefsee sah, in der natürlich auch ein Riesenkalmar dargestellt wurde. Ich hätte schreien können, stattdessen sah ich nervös weg. Die Angst vor ihnen hielt sich noch lange bis ins Teenager-Alter (einmal zeigte mir ein Online-Freund aus Spaß ein Foto von ihnen, wie sauer ich da geworden bin), danach verschwand sie allmählich und Respekt vor diesen intelligenten Tieren trat an ihrer Stelle. Ich bin auch stolz darauf, beim letztjährigen #inktober einen Tintenfisch gezeichnet zu haben, der schaut auch ganz lieb aus. ^____^ Was aber geblieben ist, ist die Angst vor dem Meer, der Gedanke an die dunkle Tiefe unter der Meeresoberfläche lässt mich schaudern. Selbst bei Endless Ocean (Wii-Spiel) schaudert es mich, wenn ich in den Abgrund muss.
2. Nachts im Bett
Kennt ihr das auch? Wenn ihr im Bett liegt und in die Dunkelheit starrt? Manchmal spielen die Augen einem einen Streich und man sieht etwas aus der Dunkelheit hervortreten. Als Kind habe ich öfters neben der Oma schlafen dürfen (auf Opas Bettseite). Einmal wachte ich mitten in der Nacht auf und sah etwas, das mir Angst einjagte. Eine Kugel, die irgendwie aus leuchtendem Bildrauschen bestand, schwebte ins Zimmer hinein. Sie drohte, immer größer zu werden und das genügte mir schon, Angst zu bekommen und die Bettdecke über dem Kopf zu ziehen. Manchmal frage ich mich, ob ich das nicht vielleicht doch geträumt habe… ach ja, an das berühmte Monster unter dem Bett glaubte ich zwar nicht, dennoch mussten meine Füße immer unter der Decke sein. Müssen sie auch heute noch sein, ganz egal, wie warm es ist. Übrigens… ein Fun Fact am Rande: Eigengrau bzw. Eigenrauschen nennt man die Farbe, die man in völliger Dunkelheit sieht.
3. Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?
Ich habe inzwischen gelernt, dass „der schwarze Mann“ eine rassistische Konnotation ist, aber in meiner Kindheit hatte ich mir darunter eine zwielichtige Gestalt in komplett schwarzer Kleidung vorgestellt. Meine Mutter hielt mir früher vor, dass, wenn ich draußen im Dunkeln spielen würde, dass der schwarze Mann mich holen kommen würde, was ich immer gruselig fand und mir Szenarien ausdachte, was passieren würde, wenn er mich doch einmal erwischen würde. Ich finde Kinderschreckfiguren eigentlich interessant, da sie von Region zu Region variieren und alle unterschiedliche Legenden haben, aber ich würde sie meinem nicht vorhandenen Kind nicht erzählen, da ich dieses unbedingte Angstmachen einfach unnötig finde. Wie seht ihr das?
4. Der Mann mit dem schwarzen Bart
Der Mann mit dem schwarzen Bart, wie ich ihn getauft habe, ist keine fiktive Gestalt. Tatsächlich habe ich ihn gesehen, wenn auch für einige Sekunden. Ich war fast neun Jahre alt und war mit dem Fahrrad im Dorf unterwegs gewesen. Ich fuhr auf dem Bürgersteig und sah zufällig auf die Straße. Da saß er in seinem alten Auto und fuhr langsam vorbei. Ein Mann mit einem schwarzen buschigen Vollbart. Er hatte mich direkt angesehen, sah schnell noch auf die Straße, nur um mich wieder direkt anzusehen und ich hatte gleich eine Gänsehaut bekommen, dass ich sofort bremsen musste. Ich sah, wie das Auto wegfuhr und zu meiner Erleichterung kam es auch nie zurück. Ich weiß gar nicht, wieso ich auf ihn so heftig reagiert habe, schließlich hatte ich ihn zuvor noch nie gesehen. Aber von dem Mann mit dem schwarzen Bart hatte ich später ständig Albträume, auch heute noch träume ich manchmal von ihm.
5. Der Tod
Mein Opa starb, als ich drei Jahre alt war, aber ich kann mich noch an den Anblick meiner weinenden Oma gut erinnern, denn die Tatsache, dass Erwachsene auch weinen können, fand ich sehr faszinierend. Man erklärte mir nur, dass der Opa jetzt ganz weit weg sei. Regelmäßige Besuche mit der Oma auf dem Friedhof ließen mich mit etwa 5 Jahren begreifen, dass das Leben nicht unendlich ist und man stirbt, wenn man alt geworden ist, schwer krank ist oder einen schlimmen Unfall hatte. Ich hatte danach öfters, bis ich etwa elf Jahre alt war, die Panik, dass mir nahe stehende Personen plötzlich sterben könnten oder ich selbst auch sterben könnte. Ich wusste nicht, was danach sein könnte, auch wenn es hieß, dass man später in den Himmel kommen würde. Von den Toten sei schließlich keiner zurückgekehrt, wie könnte man das denn nun wissen, habe ich mich als Kind immer gefragt (und Berichte über Nahtoderfahrungen verschlungen). Mittlerweile halte ich es so mit den Worten Otto Reutters: „Vor dem Tode sich fürchten, hat keinen Zweck. Man erlebt ihn ja gar nicht. Wenn er kommt, ist man weg.“
Heute sind meine Ängste natürlich „weltlicher“ geworden. Rassismus (besonders in diesen Zeiten), Armut, Verlustängste, schlimme Unfälle, schwere Krankheiten… und natürlich Spinnen (was sich je nach Größe zwischen Angst und Ekel wechselt).
Wie war es bei euch? Vor was hattet ihr in eurer Kindheit Angst gehabt?
Welche Kinderschreckfiguren kennt ihr bzw. wurden euch erzählt?
Sali, Alice.
Ich kann mir gut vorstellen wie die Riege der Wattebausch-Eltern innerlich ergraust, bei der Erwähnung von Gruselbüchern für Kinder. Da fällt, erschreckt (sic!), glatt der Meter „Kinderoptimierungs-Literatur“ aus dem Regal.
Mitte der Siebziger wurde das Subgenre des Tierhorrors reichlich beliebt bei den B-Filmern; Dein erwähnter Streifen dürfte da ein klassisches Beispiel für sein (Originaltitel ‚Tentacoli‘). Du hast den ganzen Film gesehen?! Oder nur den Ausschnitt!?
Immerhin haben besagte Meeresbewohner selbst gestandene Seefahrer zu ordentlich schauerlichem Seemannsgarn inspiriert; Du warst mit Deiner ersten Angst also nicht allein.
Mein erstes „Tentakelerlebnis“ wird wohl der Angriff auf die Nautilus gewesen sein – im Disney(!) ‚20,000 Leagues Under The Sea‘.
Tiefes Wasser ist eine menschliche Urangst (wie die vor Dunkelheit); wohl weil wir beim Schwimmen nichts unterhalb der Oberfläche sehen können.
Das liebe Gehirn spekuliert ja gernst vor sich hin. Und wenn es nächtens nicht viel zu tun gibt (Kind aber partout nicht schlafen will), dann wird munter „kombiniert“. Der kahle Baumast, der nach einem greift (am besten entlang der Bettwand), um den Klassiker zu erwähnen. 🙂
Hm…das Kinder schrecken (durch drohen mit einem erdachten Popanz) kann man/frau wohl als erzieherische Bequemlichkeit deuten. Wozu aufklären, wenn mit purer Angst gearbeitet werden kann (von den aufgetürmten Horror-Szenarien zur Sexualität ganz zu schweigen).
Yikes!
Zu einem gewissen Prozentsatz liesse sich jetzt vermuten, dass Du damals vielleicht einem Perversen dort begegnet bist…
Oder auch nur einem bärtigen Mann, der sich verfahren hat & sich für zwei Augenblicke (sic!) fragte, ob er Dich nach dem Weg fragt…
Der Tod ist ultimativ. So betrachtet ist er auch indirekt für all den Jenseitsglauben „verantwortlich“, den sich Menschen seit Ewigkeiten zurechtlegen; aus dem Gefühl des Verlustes, des Trauerns heraus entstanden.
Weswegen man/frau auch all die Nahtoderfahrungen als Projektionen/Interpretationen eigener Vorstellungen/Ängste betrachten kann.
Den allerersten Schrecken dürfte mir wohl ‚Nosferatu‘ bereitet haben. In dem Stummfilmklassiker geht der Vampir (unheimlichst verkörpert von Max Schreck) langsam eine Treppe hinauf (perfiederweise genau auf die Kamera zu!). Dazwischen wird immer wieder sein im Bett liegendes Opfer geschnitten, das um sein auswegloses Schicksal weiss)…
Wie gesagt: Stummfilm!!! 😱
bonté
Oh, diese Nosferatu-Szene fand ich auch ziemlich gruselig. Als Kind habe ich die Chaplin/Keaton-Filme heiß und innig geliebt und daher Stummfilme mit Komödien assoziiert. Das hat sich dank Nosferatu rasch geändert, den ich vielleicht mit 10 oder 11 gesehen habe. 🙂
„Tentacoli“ habe ich irgendwie gänzlich gesehen, denn ich kann mich noch an andere Auschnitte aus dem Film erinnern. Oh je, „20000 Meilen unter dem Meer“ – da kann ich mich noch erinnern, dass ich da die Decke über den Kopf gezogen habe und meine Mutter gebeten habe, mir zu sagen, wann das endlich vorbei ist. Das lief im RTL-Sonntagnachmittagsprogramm (damals, als RTL ein einigermaßen anständiges Programmangebot hatte…)
Was den Schwarzbärtigen angeht, ich bin inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass er vielleicht einfach das Pech gehabt hatte, in meinen kindlichen Augen gruselig ausgesehen zu haben. Alles andere möchte ich mir eigentlich nicht vorstellen.
…die Programmplaner lasen eben „Disney“ – wird also für Sonntagnachmittag schon passen. RTL war damals auch der erste Sender, der nach beim Neugerät-Suchlauf zuerst aus der Liste flog.
Inzwischen habe ich eh nur noch einen Rumpf in der Senderliste – mal davon abgesehen, daß ich kaum noch TV sehe.
Möglicherweise hat da der Räuber Hotzenplotz etwas nachgewirkt…
Meinen aktuellen Mail-Trailer schon goutiert!?
bonté
Hallo RoM,
ich habe jetzt mal den von dir empfohlenen Trailer angeschaut – tut mir leid für die Verspätung. Der klingt wirklich schräg und ich mag den einfachen Stil, der mich an die 60er/70er-Anime erinnert. 🙂
Übrigens habe ich auf Netflix einen tollen Film gesehen „I kill Giants“ – falls noch nicht gesehen, kann ich auch empfehlen. 🙂
…pas de problème, Du bist eben vielbeschäftigt. 🙂
Doch ja, der angeschrägte Stil hat mich auch eingefangen. Im Net gibt es eine längere Review, die alle Aspekte des Film beleuchtet. Dadurch bin ich erst auf den Film aufmerksam geworden (mal sehen ob ich den Clip wieder aufstöbere…)
Apropos.
Kann ich mir bestens vorstellen – ‚I Kill Giants‘ steht bei mir in der Liste, aus der ich meine Tips bestücke. 😇
Hat mich auch gleich angesprochen.
„This one step into another world“…Dein Wasserfarben-Bild ist Dir (trotz der Challenge „Hitze“) gut gelungen. Deine sitzenden „Rücken-Figuren“ scheinen mir immer eine wesentliche Story erzählen zu können.
Hier noch der Link zum ersten Clip eines anmerkenswerten Kurz-Kurzfilm (6 Teile insgesamt)…
https://www.youtube.com/watch?v=PQIKQVl-UHc
for your consideration
bonté